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Die Boeing 747 in Österreich

Auch wenn kein Jumbo- Jet jemals in den Diensten einer österreichischen Fluglinie stand, so gibt der folgende Bericht einen Einblick auf die wichtige Bedeutung der „Königin der Lüfte“ am Wiener Flughafen.

Die Geschichte des Jumbos in Österreich geht auf das Jahr 1970 zurück, als Lufthansa im Laufe des Sommers mehrmals zu Trainingsflügen nach Wien kam. Bereits im Jahr darauf nahm Pan Am einen ersten Linienflug zwischen Wien und New York mit einer Boeing 747 auf. 1972 machte die australische Qantas auf ihrer Verbindung Amsterdam- Melbourne einen Zwischenstopp am Schwechater Flughafen. Bis Mitte der achtziger Jahre stieg die Zahl der 747-Flugbewegungen von zunächst 344 (1971) auf beachtliche 1688 im Jahr 1985 an. Bis zum letzten Passagierlinienflug einer Boeing 747-400 von China Airlines im Sommer 2016, war der Jumbo regelmäßig am Flughafen Wien anzutreffen. Neben genannten Fluggesellschaften setzten Garuda (Bali), Iran Air (Teheran), South African Airways (Johannesburg), Singapore Airlines (Dubai, Male, Singapur), Eva Air (Taipeh, London), Asiana & Korean Air (Seoul), Malaysia Airlines (Kuala Lumpur) und Thai Airways (Bangkok)  regelmäßig nach Wien ein.

Zu den interessantesten Flügen der achtziger Jahre zählten sicherlich die KLM Verbindung nach Karachi, die über Wien und Dubai geführt wurde und jene der ALIA Royal Jordanian Airlines, die über viele Jahre hinweg einen sehr lukrativen USA – Verkehr nach New York, Chicago, Los Angeles und Miami anbot. Für Schlagzeilen sorgte im Juni 1987 der Zusammenstoß zweier Jumbojets am Taxiway des Flughafen Wiens. Beim Versuch eines South African Airways Jumbos aus seiner Parkposition zu rollen, kam dieser einer abgestellten Boeing 747 der ALIA zu nahe und kollidierte mit dem Flugzeug. Außer eines beträchtlichen Sachschadens und einen leicht verletzten Passagier, ging die Sache aber glücklicherweise sehr glimpflich aus.

Heute setzen nur noch einzelne Frachtfluggesellschaften wie die luxemburgische Cargolux, die Boeing 747-8 nach Wien ein. Mit ein wenig Glück, kann man den Jumbo auch heute noch beim beladen seiner Fracht mit weit geöffnetem Maul am Flughafen bewundern. Und auch wenn in Österreich niemals ein Jumbojet in den Diensten einer heimischen Fluggesellschaft stand, so gibt doch einige interessante 747 Geschichten zu erzählen!

“Ein erhebender Augenblick”

Im Jahr 1986 fand ein einzigartiger “Rund um die Welt Flug” mit einer Boeing 747 ab Wien statt. Die damalige AVANTI Touristik Geschäftsführerin Christiane Tondolo erinnert sich an eine unvergessliche Weltreise.

Wie kam es zu der Idee, einen Jumbo-Jet für eine Weltumrundung anzumieten?

Begonnen haben unsere Überlegungen damals im Frühling 1986, mein damaliger Kollege Mag. Wolfgang Tausik und Ich haben die Idee geboren, eine Weltumrundung mit einem Jumbojet am österreichischen Markt anzubieten. Nach wenigen Monaten erfolgloser Suche nach einem geeigneten Fluggerät waren wir aber inzwischen etwas ernüchtert, denn die renommierten Fluglinien konnten kein freies Fluggerät für unseren dreiwöchigen Flug anbieten. 

Woher kam dann schlussendlich die Boeing 747?

Ich erhielt einen erfreulichen Anruf von meinen Kollegen, der mich darüber informierte, dass wir ein Angebot für die Anmiete eines Air France Jumbos bekommen hatten. Das werksneue Flugzeug würde noch vor seinem ersten Linienflug im Zeitraum zwischen 21.Dezember und 10.Jänner, exklusiv für unsere Weltumrundung zur Verfügung stehen. Alles ging sehr schnell, denn wir mussten uns für den Flugzeugcharter innerhalb von nur zehn Tagen entscheiden und eine nicht refundierbare Sicherstellung in der Höhe von 2,5 Millionen ATS (€ 180.000.-) hinterlegen.

Eine einmalige Chance mit einem hohen finanziellen Risiko?

Es war Juni und wir hatten die einmalige Chance als Avanti Touristik ein in Österreich einzigartiges touristisches Projekt aufzuziehen. Risikofreudig war ich immer und es ging jetzt darum, ein Flugzeug mit fast 400 Sitzplätzen zu verkaufen und ein passendes Land Arrangement zu organisieren. Der Eigentümer vertraute mir und dem Projekt! Schlussendlich wurde das finanzielle Risiko getragen, das Flugzeug gechartert und wir sind gemeinsam auf eine unvergessliche Weltreise gegangen.

Wohin ging ihre dreiwöchige Weltumrundung?

Österreich hat natürlich nur einen kleinen Markt, weshalb wir eine Partnerschaft mit einem deutschen Partner eingegangen sind. So kam der Jumbo zunächst aus München nach Wien, dann ging es weiter nach New York – San Francisco – Fidschi – Sydney – Bali- Hongkong- Dehli und wieder zurück nach Wien.

Warum wollten Sie eigentlich unbedingt einen Jumbo Jet für den Flug chartern?

Der Jumbo Jet war und ist für mich auch heute noch das schönste Flugzeug der Welt. Ich war der Gruppe teilweise voraus gereist und es ist dann einfach ein erhebender Augenblick wenn die Boeing 747 dann landet und du weißt, dass dieser Großraumjet für die nächsten drei Wochen dein Privatflugzeug ist.

Rudolf Leban: “Weil die Jumbo Bemalung so schön ist…”

Insgesamt neunzehn Jahre verbrachte Rudolf Leban als verantwortliches Sales Manager bei Royal Jordanian Airlines. Im Gespräch mit dem traveller  blickt der Luftfahrtprofi mit mehr als 30 Jahren Berufserfahrung zurück auf die Zeit, als die jordanische Fluglinie mit ihren Jumbos Flüge ab Wien in die USA anbot.

Warum bediente Royal Jordanian Airlines in den achtziger Jahren Linienflüge über Wien in die USA und wohin ging es?

Die Fluglinie durfte die Streckenrechte der Austrian Airlines nutzen und sah die Chance auf ein lukratives Geschäft. Mit unserer Boeing 747 ging es von Amman aus über Wien nach Chicago, New York, Miami, Los Angeles und kurzfristig sogar nach Houston!  Zu meiner besten Zeit als Sales Manager wurde New York zweimal täglich und Chicago und Los Angeles bis zu fünfmal wöchentlich bedient. ALIA, wie Royal Jordanian Airlines damals hieß, konnte über viele Jahre in Österreich ein sehr gutes Geschäft machen.

War Royal Jordanian Airlines beliebt bei den Österreichern?

Die Fluglinie war sehr beliebt durch sein tolles Produkt und die guten Beziehungen des damaligen Kanzlers Kreisky zum  jordanischen Königshaus. König Hussein war ja selbst ein begeisterter Jumbo Pilot und flog des Öfteren nach Wien. Eines Tages erhielt ich von einen Fan eine Bewerbung mit dem Satz: “Ich möchte mich bei Ihnen bewerben, weil ich ihr Flugzeug am Flughafen Wien gesehen habe und die Jumbo- Bemalung so schön ist…”

Waren die Flüge ein gutes Geschäft?
Zu der Zeit gab es kaum Fluglinien die Flüge ab Österreich in die USA anboten. Royal Jordanian Airlines konnte deshalb jahrelang ein gutes Geschäft mit seinen Flügen in die Staaten machen. Wir waren damals natürlich mit unseren Tickets auch besonders günstig, die Preise starteten bei 7500.- ATS (ca. € 500.-). Für Geschäftsreisende als auch Urlauber stand mit unseren Flügen plötzlich eine Vielzahl an ausgezeichneten USA Verbindungen zur Verfügung.

Und warum wurden die Flüge dann wieder aufgegeben?

Unsere Ticketpreise wurden von British Airways noch einmal unterboten, daraufhin wurden Frequenzen ab Wien reduziert und damit fiel auch die Attraktivität der Flüge für Geschäftskunden weg. Austrian Airlines startete dann selbst Ende der achtziger Jahre mit ihren USA Flügen, weshalb das Hauptquartier in Amman beschloss, die Flüge über Amsterdam zu führen.

Martin Dichler